Birgit Nitsch

Werkgruppe Tagebuch, 2006 - 2016

 

Birgit Nitschs Werkgruppe ist Teil einer persönlichen und experimentellen Auseinandersetzung mit dem Medium der Fotografie. Eine besondere Wichtigkeit haben für Nitsch Orte mit den ihnen eigenen Atmosphären. Vermittelt durch die eigene Biografie, interpretiert sie diese.

Die Bilder sind über einen Zeitraum von 10Jahren als aufeinanderfolgenden Projekte entstanden. Zwischen den Serien gibt es fließende Übergänge. Ein bis zwei Bilder eines abgeschlossenen Projekts, werden von Nitsch mit in das nächste hinein genommen, um einen zeitliche Abfolge von Lebensprozessen zu markieren.

Die im Rahmen des „Europäischen Monats der Fotografie Off, 2016 “ gezeigten Bücher und die dazugehörige Wandhängung, bilden durch die Präsentation eine Einheit, welche den Arbeitsprozess der Künstlerin als ganzheitlich und repräsentativ für einen bestimmten Zeitraum ihres Lebens darstellt. Die Entscheidung für die gemeinsame Präsentation, folgt aus Birgit Nitschs autobiografischen Bezug zu diesen Werkgruppen. Zudem ist sie eine stimmige Folgerung aus ihrem künstlerischem Selbstverständnis. Die Fotografin geht in den hier präsentierten Arbeiten nicht, wie in anderen, früheren Arbeiten, in erster Linie konzeptionell und themenbezogen vor, sondern lässt sich vollkommen von subjektiven Eindrücken und der Suche nach experimentellen Herausforderungen leiten. Die Auseinandersetzung mit der persönlichen Geschichte, vermittelt durch atmosphärische, situationsbedingte Bilder, steht im Vordergrung. Alle Stilmittel, welche die Intention eines Bildes unterstützen, sind für Nitsch erlaubt. Der Wunsch, Bilder zu finden, die am besten geeignet sind, das eigene Empfinden wiederzugeben und zu einer Aussage zu verdichten, ist entscheidend für ihre künstlerische Praxis.

Immer wiederkehrendes Motiv ist die individuelle Auseinandersetzung mit existentiellen Spannungen, welche das Subjekt auf sich selbst verweisen und im gleichen Moment eine Möglichkeit bieten, diese Geschlossenheit in sich zu überwinden. Viele der Bilder sind durch Stimmungen und Orte gekennzeichnet, welche als Projektionsflächen für menschliche Empfindungen dienen und symbolische Wirkung haben. Es sind Orte, die sich durch Stille und der Möglichkeit zum Allein-Sein auszeichnen. Die Bilder Nitschs lassen den Eindruck einer entrückten Wahrnehmung der Realität entstehen, welche sich an Orten, wie dem Wald, Kirchen, Krankenhäusern etc. findet, an denen das Subjekt radikal auf sich selbst zurück geworfen ist und Abstand zum gesellschaftlichen Geschehen gewinnen kann. Über die Fotografie lässt sich das Leben der Künstlerin als eine performative, spirituelle Handlung auffassen, welche gleichzeitig die Spannung, wie auch die Hoffnung der menschlichen Erfahrung spiegelt.